Artikel über Rolfing in BILD der FRAU
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Obwohl ich selbst ein Vielleser bin, hatte ich doch vorher noch nie das Magazin BILD der FRAU in der Hand gehabt. Umso überraschter war ich, als sich die Redakteurin Cécile Hoeborn im November 2020 bei mir meldete. Ich erfuhr, dass die Redaktion jede Woche über eine Patientin berichtet, der mit neuen, außergewöhnlichen oder interessanten Behandlungsmethode geholfen werden konnte. Es gäbe den großen Wunsch dabei häufiger über alternative oder Natur-Heilverfahren zu berichten, in diesem Fall über Rolfing. Und so startete der Artikel in BILD der FRAU Gestalt anzunehmen.

Logo der Zeitung BILD der Frau

Die Redakteurin Cécile Hoeborn bat mich, eine Patientin zu finden, deren Beschwerden durch Rolfing abgeklungen waren oder jedenfalls stark verbessert werden konnten. Dann würde sie gern darüber berichten und mich zu der Rolfing-Methode interviewen. Nun gibt es in meinem persönlichen Repertoire nicht nur lupenreines Rolfing, sondern auch viele andere Bausteine, die ich je nach Situation heranziehe. Es galt also eine Sitzungsfolge zu finden, die möglichst reines Rolfing enthalten hatte und eine Patientin, die darüber öffentlich berichten wollte. Ich war dann Frau Ina W. aus Ratingen sehr dankbar, dass sie für ein Interview mit Frau Cécile Hoeborn und das folgende Fotoshooting mit Herrn Georg Lukas bereitstand.

Rolfing ist ein Prozess

Der anschauliche Text, so wie er dann auch gedruckt wurde, lässt den Aufwand dahinter kaum erahnen. Der Redakteurin Cécile Hoeborn ist es wunderbar gelungen, die Atmosphäre einer umsichtigen Körperveränderung zu beschreiben. Es war ja eben nicht eine schicke manuelle Technik, die alles spektakulär zurechtgerückt hatte. Vielmehr gab es einen Prozess der Änderung, der recht eindrücklich mit der ersten Sitzung startete. Nichtsdestotrotz brauchte es weitere Schritte, um das zu erreichen, was Rolfing auch ist – strukturelle Integration.

Die Behandlung umfasste auch Bauch und Beine und für manche stellt sich die berechtigte Frage, was das denn nun mit der Brustwirbelsäule zu tun haben soll. Doch obwohl das so ganz unspezifisch klingt, es gibt bei erstaunlich vielen Menschen eine deutliche Verbindung zwischen Fuß-Bein-Rücken-Schulter. Dafür braucht es gar nicht den Hinweis aus Tom Meyers „Anatomy trains“ und dessen fasziale Kontinuität von der Ferse bis zum Hinterhaupt. Es ist eine ganz alltägliche Beobachtung, dass wir die Luft anhalten und die Schultern hochziehen, wenn wir uns am Fuß verletzen. Andersherum wird allgemeiner Stress, der in der Brust gehalten wird, uns oft auch die „Füße“ wegziehen. Hammerzehen und ein Hallux valgus sprechen da oft Bände.

Wirkt sanft überhaupt?

Ein weiterer bemerkenswerter Punkt ist die Beschreibung vom „sanften Druck“. Wichtig ist mir dabei: Rolfing unterscheidet sich deutlich von Cranio Sacral Therapie. Es wird sehr konkret im faszialen Gewebe gearbeitet. (Ich erlaube mir diese Aussage, weil ich auch über 2 Jahre in Cranio Sacral Therapie ausgebildet wurde und diese Methode schätze!) Ob eine Manipulation jedoch als sanft oder schmerzhaft empfunden wird, ist nicht vom mechanischen Druck abhängig. Ich habe durchaus immer mal wieder mein gesamtes Körpergewicht hinter meiner Hand. Doch auch dann soll sich die Berührung angenehm anfühlen. Wir empfinden Körpertherapie dann als sanft, wenn die Intensität genau unseren Bedürfnissen entspricht und vor allem mit der richtigen zeitlichen Einstimmung Intensität aufbaut wird.

Erklärung aus dem Rolfing Artikel in BILD der FRAU

Eine wirkliche Herausforderung für die Redakteurin Cécile Hoeborn war es, unser Interview von über einer Stunde zu der Frage „Was ist Rolfing?“ auf wenige Sätze einzudampfen. Das ist ihr hervorragend gelungen.

Eine Nebenbemerkung. Im Intro steht: „Das sagt der Heilpraktiker…“. Hm – von Gesetzes wegen ist meine Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“. Ich tue mich damit aber immer etwas schwer. Ich würde mich immer als „Rolfer“ bezeichnen, das geht aber offiziell leider nicht. Hier können Sie etwas zu meinem Verständnis als Heilpraktiker lesen. Nun aber zum Text:

„Verspannungen und Blockaden werden ertastet.“ Ergänzend könnte ich noch „und gesehen“ sagen, doch das ist oft unvorstellbar. Und es ist tatsächlich so, Rolfer sehen mit ihren Händen, es gibt keine Funktionstests wie in der Physiotherapie oder Osteopathie. Eine schmerzende Schulter z.B. „erzählt“ bei kleinsten Bewegungsimpulsen einer geschulten Hand ihr Verspannungsmuster.

„Verklebungen“ – mitlesende Faszienforscher werden jetzt gequält – (hoffentlich nicht wirklich) – die Luft einziehen. Ja, ich weiß, es gibt Begriffe, die wissenschaftlich unhaltbar sind, die dennoch gut die Eigenwahrnehmung beschreiben. Faszien können sich „verklebt“ anfühlen, so, als ob sie nicht gleiten und nicht geschmeidig sind. Und genau hier wirkt Rolfing.

Wie arbeitet Rolfing?

Auszug aus dem Rolfing Artikel in BILD der FRAU

Und was macht Rolfing nun anders als andere manuelle Behandlungsformen? Rolfing ist im besten Sinne ein Hand-Werk. Die Hand sollte die richtige Ebene im Gewebe erreichen, fühlen in welche Richtung Bewegung möglich ist, um dann mit dem richtigen Druck ein Gleiten zu erreichen. Dies kann als gleitende Bewegung über dem Gewebe passieren oder als Gleiten lassen zwischen zwei Händen. Ähnlich, als ob Sie Zahnseide verwenden, die eigentlich Arbeit passiert dann ja auch nicht unter den Händen, sondern dazwischen.

Dies ist immer einer der am schwersten vorstellbaren Punkte. Kann ich etwas verändern, was ich gar nicht direkt anfasse? Kann ich es überhaupt spüren? Fangen wir mit der letzten Frage an, mit dem Spüren. Ich glaube, jeder kann durch bloßes in die Hand nehmen den Unterschied zwischen einem rohen Ei und einem gekochten Ei spüren. Trotz der spröden Schale können Sie den zäh flüssigen Inhalt erkennen. Sie können auch den Schlüsselbund von außen in Ihrem dicken Wintermantel ertasten. Und bei der Sensibilität der Hand gilt wie immer im Leben, Übung macht den Meister.

Der zweite Punkt ist die gezielte Manipulation von tief liegenden Schichten. Ist die fasziale Gleitschicht unterhalb der Rippen und um die Lungen herum von außen veränderbar? Stellen Sie sich als Analogie einen Einkaufskorb aus einem Weidengeflecht vor, der innen mit einer Folie ausgeschlagen ist. Wenn Sie nun den Korb geschickt verwinden und drücken, dann können Sie eine Bewegung zwischen Korb und Folie erreichen. Genauso kann z.B. auch das Lungenfell von außen gezielt behandelt werden. Im Steinzeit-Rolfing wäre dafür ein Hinkelstein über den Brustkorb gerollt worden – von solchen Methoden wurde glücklicherweise Abstand genommen.

Warum wurde nicht über Haltung geschrieben?

Gemeinhin kommt man nicht darum herum „Haltung“ vor allem „gute Haltung“ mit Rolfing in Verbindung zu bringen. Rolfing und „Alles im Lot“. Rolfing und Aufrichtung. Menschen beginnen jedoch meist erst aufgrund sehr konkreter Beschwerden, sich um Haltung zu kümmern. Und auch dann erst, nachdem die Beschwerden abgenommen haben. Ich denke, Haltung ist immer das Ergebnis von möglichst beschwerdefreier Beweglichkeit. Haltung kommt dadurch zustande und dient im Rolfing als Gradmesser für Veränderung. In diesem Fall ging es um freies Atmen. Wenn das möglich ist, kommt eine bessere Aufrichtung von ganz alleine. Herzlichen Dank nochmals an meine Klientin, dass sie den Mut und die Zeit investiert hat, darüber zu berichten.